Geschichte des Templer-Ordens - Sie führten das Schwert im Namen des Herrn (2024)

Geschichte des Templer-Ordens

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Geschichte des Templer-Ordens - Sie führten das Schwert im Namen des Herrn (1)

Von Kirsten Serup-Bilfeldt·31.03.2019

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Vor 900 Jahren wurde der Orden der Tempelritter gegründet, dessen Geschichte bis heute so rätselhaft wie sagenumwoben ist. Zu diesem Jubiläum legt der britische Historiker Dan Jones eine neue Monographie mit dem Titel „Die Templer“ vor.

Der Wind bläst in heftigen Stößen. Im Schein einer Fackel schichten die Henkersknechte Holz auf den schon übermannshohen Scheiterhaufen. Dort, gegenüber der Kathedrale Notre-Dame in Paris, stehen an diesem Märztag des Jahres 1314 der Großmeister des Templerordens Jacques de Molay und der Großpräzeptor der Normandie Geoffroy der Charnay nebeneinander an Pfähle gebunden, die Gesichter zur königlichen Loge gewandt.

Der Fluch aus den Flammen

König Philipp hebt die Hand. Der Henker hält eine lodernde Fackel an den Holzstoß. Bald hüllt dichter Rauch die beiden Verurteilten ein. Und dann, plötzlich, dringt die noch immer mächtige Stimme des Großmeisters durch den Feuervorhang: "Papst Clemens, König Philipp! Verflucht sollt ihr sein! Noch ehe ein Jahr vergeht, fordere ich euch vor Gottes Gericht, damit Ihr dort eure gerechte Strafe empfangt." Nachdem die Flammen seinen letzten Schrei erstickt haben, stürzt Jacques de Molay in die Glut. Bald ragt nur noch seine völlig verkohlte Hand dort hervor.

33 Tage nach diesem grausamen Schauspiel stirbt im fernen Rom Papst Clemens V., und acht Monate später erleidet der französische König Philipp der Schöne einen tödlichen Jagdunfall. Der Fluch aus den Flammen ist in Erfüllung gegangen. Das Drama ist vorbei. Es beginnt die Legende. Und die Faszination, die die Templer bis heute ausüben: auf Chronisten, Literaten, Forscher, Filmproduzenten, Verschwörungstheoretiker, Historiker.

Der rätselhafteste Orden der Christenheit

Szenenwechsel. London. Eine Buchhandlung am Piccadilly Circus. Dort berichtet der britische Historiker Dan Jones über seine ganz eigene Tempelritter-Faszination. "Wenn Sie mit Geistergeschichten vertraut sind, dann haben Sie sicher schon von M. R. James gehört", sagt Jones, "einem brillanten Historiker und Mediävisten, der ganz besonders unheimliche und angsteinflößende Geistergeschichten geschrieben hat. Ich habe sie immer in der Weihnachtszeit gelesen, und eine dieser Geschichten hieß: Pfeif nach mir, mein Junge, und ich komme zu dir."

Die Geschichte handelt von einem eigenbrötlerischen Feriengast, der sich an der windgepeitschten englischen Ostküste auf eine einsame Wanderung macht. Er landet auf einem alten Tempelritter-Friedhof mit geheimnisvollen Inschriften auf zerfallenen Grabsteinen. Und dann, ja, natürlich - dann nimmt das Grauen seinen Lauf.

Diese Geschichte, von der BBC verfilmt, lässt den damals zehnjährigen Dan Jones in den 1990er Jahren nicht mehr los: Die Tempelritter, der geheimnisumwitterte, rätselhafteste Orden der Christenheit!

Opfer des größten Justizmordes des Mittelalters

Zwei Jahrhunderte lang waren sie die heimlichen Herrscher des Abend- und des Morgenlandes. Ihr Mut war legendär, ihr Reichtum unermesslich. Sie erfreuten sich bester Kontakte zu Königen und Päpsten - bis sie alle an einem Tag der Vernichtung preisgegeben und Opfer des größten Justizmordes des Mittelalters wurden.

Dan Jones behält seine Templer-Leidenschaft bei, studiert mittelalterliche Geschichte an der Universität Cambridge und schreibt das Buch "Die Templer - Aufstieg und Untergang von Gottes Heiligen Kriegern". Legenden strickt er nicht weiter. Stattdessen erzählt er in guter, alter, angelsächsischer Historikertradition einfach die Geschichte: flüssig, anschaulich, informativ.

"Im Mittelalter gab es jede Menge militärischer Orden", erklärt Jones. "Die Deutschordensritter, die Johanniter, die Malteser, die Livländischen Schwertbrüder, also Dutzende. Aber es sind die Templer, die bis heute die Fantasie der Menschen beschäftigen."

Bernhard von Clairvaux entwirft die Ordensregel

Kein Wunder! Denn die Tempelritter sind die adligen Schwertträger Jesu, sie verbinden das weltliche Leben mit den geistigen Ansprüchen ihrer Zeit, die ritterlichen Ideale der Krieger mit der spirituellen Kraft der Mönche. Jones schreibt: "Diese Kombination ist eine Revolution: Beten und Kämpfen, die Verbreitung des Christentums mit Waffengewalt voranbringen."

Den Hintergrund für das Wirken der Templer bilden die Kreuzzüge. Nachdem der Erste Kreuzzug 1099 mit der Eroberung Jerusalems durch das christliche Kreuz-fahrerheer geendet hat, sucht eine kleine Schar versprengter Ritter 1119 im Heiligen Land nach neuen Aufgaben.

Sie gründen die "Arme Ritterschaft Christi und des Salomonischen Tempels zu Jerusalem". Ihre Ordensregel entwirft die höchste geistige Autorität der Zeit, der später heiliggesprochene Bernhard von Clairvaux. Ihr Wappenspruch lautet: "Non nobis domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam. Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre."

Die notwendige Vernichtung des Bösen

Ihren Weg zu Gott suchen sie nicht in der friedlichen Abgeschiedenheit eines Klosters, sondern auf dem Schlachtfeld und bei der Sicherung der Pilgerwege. "Sie waren ausgebildete Ritter, die eine Bruderschaft gegründet und die Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam abgelegt hatten", so Jones. "Aber ihre eigentliche Aufgabe war es, auf den gefährlichen Wegen an den Heiligen Stätten in Jerusalem, wo Jesus gelebt hatte und gestorben war, die Pilger zu schützen."

Und zwar durchaus mit Waffengewalt. Das rote Kreuz auf ihrem Gewand symbolisiert das Blut, das Christus für die Menschen vergossen hat - und das sie selbst im Dienst des Herrn zu vergießen bereit sind. Um den offenkundigen Widerspruch zwischen christlicher Friedensbotschaft und militärischer Streitmacht zu überbrücken, kann sich die neugegründete Ritterschaft auf Bernhard von Clairvaux berufen.

In seiner Mahnrede an die Tempelritter betont Bernhard den grundlegenden Unterschied zwischen Mord - also der Sünde des Tötens - und der notwendigen Vernichtung des Bösen. Ausgerüstet mit dieser scharfsinnigen theologischen Unterscheidung übernehmen die Tempelritter nun die Aufgabe, nicht nur die Pilger zu schützen, sondern das Heilige Land zu verteidigen.

Die "Arme Ritterschaft" gründet ein Bankenimperium

So werden die neuartigen Kriegermönche zu einer militärischen Eliteeinheit, die durch Schenkungen, Lösegelder und Tributzahlungen sehr bald sehr reich wird. Die "Arme Ritterschaft Christi" wird zu einem internationalen Bankenimperium, das Könige und Kaufleute in Orient und Okzident in Abhängigkeit halten kann.

Aus den Männern des Glaubens und des Schwerts werden Bankiers, Finanzfachleute, Investoren. Das weckt Begehrlichkeiten, erzeugt Neid und Missgunst. Und so beginnt die Zeit der Verfolgung. Gerüchte und Verleumdungen machen die Runde. Es gibt kaum eine Verfehlung, die den Templern nicht vorgeworfen wird: Schwarze Magie, Unzucht, Satanismus, Ketzerei. Auf das Kreuz sollen sie bei ihren geheimnisvollen Eintrittsritualen gespuckt haben. Und - teilen sich auf ihrem Siegel nicht zwei Ritter ein Pferd? Die Diffamierungen nehmen an Bösartigkeit zu.

Dazu kommen die militärischen Niederlagen der Christen im Heiligen Land. Nachdem die letzten christlichen Bastionen, Jerusalem und die Templer-Hochburg Akkon 1291 an die Muslime gefallen sind, ziehen sich die Tempelritter nach Zypern zurück, errichten dort ihren Hauptsitz und verwalten ihre Komtureien, die sich über ganz Europa erstrecken.

Motive für die Auslöschung bis heute unbekannt

Das Ende des Templerordens besiegelt König Philipp der Schöne von Frankreich am Freitag, dem 13. Oktober 1307. Handstreichartig lässt er alle rund 1000 französischen Ordensniederlassungen durchsuchen, Ländereien und Burgen beschlagnahmen, Ordensangehörige verhaften und einkerkern, unter ihnen auch den Großmeister Jacques de Molay.

Die Motive für diese Aktion sind bis heute unerforscht. Geldgier? Eifersucht auf die faszinierende Aura der Ritter? Ein Angriff auf die Macht der Kirche und des Papsttums? Wir wissen es nicht. Dennoch werde die Legende der Templer weiterleben, inspirieren, unterhalten und faszinieren, schreibt Jones: "Das ist vielleicht ihr wirkliches Vermächtnis."

Dan Jones: Die Templer. Aufstieg und Untergang von Gottes heiligen Kriegern
Verlag C.H. Beck, München 2019
508 Seiten, 28 Euro

Geschichte des Templer-Ordens - Sie führten das Schwert im Namen des Herrn (2024)

FAQs

Wie ist der Orden der Tempelritter mit vollem Namen? ›

Seine Mitglieder werden als Templer, Tempelritter oder Tempelherren bezeichnet. Sein voller Name lautete Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem (lateinisch: Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis). Der Ritterorden wurde 1118 im Königreich Jerusalem gegründet.

Wer war der berühmteste Tempelritter? ›

Weblinks
Personendaten
NAMEMolay, Jacques de
ALTERNATIVNAMENMolay, Jacobus von
KURZBESCHREIBUNGGroßmeister des Templerordens
GEBURTSDATUMzwischen 1240 und 1250
3 more rows

Sind Templer Christen? ›

Allgemeines. Die Tempelgesellschaft ist eine unabhängige, undogmatische christliche Glaubensgemeinschaft, die sich an Jesus von Nazareth und seiner Lehre ausrichtet.

Was war das Ziel der Templer? ›

Dieser Ritterorden wurde 1118 im damals christlich beherrschten Königreich Jerusalem gegründet. Die Templer verfolgten die Ideale von Rittern und Mönchen. Damit war der Templerorden der erste Ritterorden, der die beiden Stände des Klerus und des Adels vereinte. Später kamen die Templer zu großem Reichtum.

Wie heißen die Tempelritter heute? ›

In der Folge gab es mehrere Organisationen, die sich auf das Erbe des Templerordens bezogen und teilweise noch aktiv sind. Aber die Tempelritter gibt es auch noch heute. Einer davon ist der OSMTH-Österreich. www.osmth.at Den Orden gibt es Weltweit und zählt zu den wichtigsten.

Was wollten die Templer? ›

Der Orden wurde ursprünglich gegründet, um Pilger und Pilgerinnen zu beschützten, die von der sicheren Küstenregion in die Stadt Jerusalem im Landesinneren reisen wollten.

Sind Tempelritter katholisch? ›

Der Orden gehört zu den sogenannten Gruppen der Neotempler, die der katholischen Eliteeinheit aus dem Mittelalter nacheifern. Die ursprünglichen Tempelritter bestanden von der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bis zu ihrer Auflösung 1312 und waren maßgeblich an den Kreuzzügen gegen Muslime beteiligt.

Waren die Tempelritter in Amerika? ›

Diese Unternehmung wurde auf Grund eines alten Reiseberichts der Templer aus dem 12. Jahrhundert durchgeführt. Die dazu vorgelegten, durch wissenschaftliche Untersuchungen als echt und authentisch erklärten Dokumente und Artefakte, beweisen: Die Templer waren schon lange vor Kolumbus in Amerika!

Was muss ich tun um Templer zu werden? ›

Wenn du an Jesus Christus glaubst, dann bist du 18 Jahre alt und interessiert an den Taten und Werten der armen Ritter Christi, die Templer genannt werden, kannst du einer von uns sein. Es braucht kein Geld, keinen Titel oder Empfehlungen, sondern nur Glaube, Wille, Treue und etwas Mut.

Sind Tempelritter Mönche? ›

Es waren nicht wirklich Mönche, obwohl sie ein mönchsgleiches Leben führten, das sich ursprünglich an den Regeln der Zisterzienser orientierte. Ihr vollständiger Name lautete Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem – oder kurz: Tempelritter.

Ist ein Kreuzritter ein Templer? ›

Man kann also die Templer als Kreuzritter oder Kreuzfahrer bezeichnen. Aber nicht jeder Kreuzritter gehörte dem Orden der Templer an. Durch weite Strecken des Mittelalters hinweg blieb der Templerorden eine wichtige und mächtige Instanz.

Welche Grundsätze haben Templer? ›

Die Templer-Chronik beginnt gegen 1120, als sich neun fromme Ritter unter der Führung des Franzosen Hugo von Payns zusammenschließen, um „das Land von Jerusalem zu verteidigen und die Pilger zu schützen“. Die Ritter unterwerfen sich den drei großen Prinzipien des Mönchtums: Keuschheit, Armut und Gehorsam.

Waren die Tempelritter auch in Deutschland? ›

Die Templer sind im Raum des heutigen Bayern erstmals 1167 sicher belegt. Insgesamt lassen sich in Altbayern, Franken und Schwaben vier Templerkommenden sicher nachweisen. Am besten ist die Kommende Moritzbrunn (Lkr. Eichstätt) bezeugt.

Wer hat die Templer vernichtet? ›

Die Vernichtung des Templer-Ordens durch König Philipp IV. von Frankreich, die er in der Zeit zwischen 1307 bis 1314 betrieb, gestaltete sich als furchtbares Drama.

Wo sind die Tempelritter begraben? ›

Man weiß, dass mögliche Mitglieder der Familie Torroja in einigen katalanischen Städten und in ehemaligen Templerburgen bestattet wurden.

Was wollen die Templer? ›

Das Ziel der Templer ist „eine perfekte Welt“ und die Mittel um das zu erreichen sind, Ordnung und Kontrolle. Also kann man sagen, dass der ideologische Konflikt zwischen Templern und Assasinen sich grob auf „Freiheit“ gegen „Ordnung und Kontrolle“ reduzieren lässt.

Wo leben die Tempelritter? ›

Als Quartier gibt der christliche Herrscher von Jerusalem den Rittern eine Unterkunft an der Al-Aqsa-Moschee auf jenem Berg, wo einst der Tempel Salomos stand, daher ihr Name. Die Templer leben und beten wie Mönche, mit streng geregeltem Tagesablauf und striktem Gehorsam gegenüber den Oberen.

Kann man heute noch Templer werden? ›

Dabei leben die Templer aber nicht in der Vergangenheit. Heutzutage kann jeder, der getauft und volljährig ist, Mitglied werden. In Augsburg steht sogar eine Frau an der Spitze. Ein Anwärter des Ordens braucht zwei Ritter als Bürgen und bekommt dann die Ordensregeln vorgelesen.

Wer vernichtete die Tempelritter? ›

Frankreichs König vernichtet die Tempelritter

König Philipp IV. von Frankreich lässt am 13. Oktober 1307 2000 Mitglieder des Templerordens verhaften und ihre Güter beschlagnahmen. Als Vorwand dienen Gerüchte über Ketzereien abartige Geheimrituale und Sodomie (hom*osexualität).

Sind Freimaurer Templer? ›

Kurz Freimaurer sind keine Templer.

Wie viele Mitglieder hatte der Templerorden? ›

Daher der Name Tempelritter. Schon nach wenigen Jahren zählt die Gemeinschaft 15.000 Mitglieder. Sie verfügt über ein Netzwerk von 9.000 Besitzungen, darunter viele Schenkungen von Menschen, die in den Orden eintreten oder ihre Seele retten wollen. Die meisten Templer-Ländereien liegen in Frankreich und England.

Wie hieß der letzte Tempelritter? ›

Das ist die Season of the Witch, so der Originaltitel von Der letzte Tempelritter. Die vertrauenswürdigen Austreiber des Teufels werden hier von Nicolas Cage und Ron Perlman gespielt. Diese verkörpern die Kreuzritter Behmen und Felson, die genug haben vom sinnlosen Dahinschlachten Unschuldiger.

Wie heißt der Tempelritter von Nathan und seine Kinder? ›

Anfangs zeigt sie ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl, indem sie Nathan gegen den Tempelritter verteidigt. Dann nehmen ihre egoistischen Züge kurzzeitig überhand, indem sie dem Tempelritter Rechas wahre Herkunft verrät, um in die Heimat zurückkehren zu können.

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